Internationale Scheidung
Eine Besonderheit unserer Kanzlei ist der verstärkte Umgang mit gemischten, zumeist deutsch-polnischen Ehen. Hierzu zählen Mandanten mit deutscher Staatsangehörigkeit, die ursprünglich aus Polen kommen. Mit umfasst sind aber auch polnische Staatsangehörige bzw. sogenannte Doppelstaatler, die in der Vergangenheit nach Deutschland ausgewandert sind. In all diesen Konstellationen wird früher oder später die Frage gestellt, wo man sich am besten scheiden lässt.
Hierbei wird den wenigsten klar, dass die Fragestellung sogar zwei unterschiedliche Fragen beinhaltet, nämlich:
Wo lasse ich mich scheiden?
In welchem EU-Staat man die Scheidung beantragen kann, richtet sich nach der Brüssel IIa-VO. Danach sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig,
a.) in dessen Hoheitsgebiet:
-
- beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder
- die Ehegatten zuletzt beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder
- der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
- im Fall eines gemeinsamen Antrags einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
- der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens einem Jahr unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat, oder
- der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens sechs Monaten unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat und entweder Staatsangehöriger des betreffenden Mitgliedstaats ist oder, im Fall des Vereinigten Königreichs und Irlands, dort sein „domicile“ hat
b.) dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten besitzen, oder im Fall des Vereinigten Königreichs und Irlands, in dem sie ihr gemeinsames „domicile“ haben.
Beispiel: Ein polnisches Ehepaar lebt in Deutschland. Ihre Scheidung können sie in Deutschland (gewöhnlicher Aufenthalt) oder in Polen (beide polnische Staatsangehörigkeit) beantragen.
In der Regel kann die Scheidung in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten eingereicht werden. Dann kommt es darauf an, wo der Antrag zuerst eingereicht wurde. Die Entscheidung, das Gericht des einen und nicht des anderen Staates anzurufen, hat Auswirkungen auf das Verfahren und teilweise auch auf das anzuwendende materielle Scheidungsrecht. Durch anwaltliche Beratung sollte man sichergehen, die richtige Wahl zu treffen. Ich stehe Ihnen hierbei mit Rat und Tat zur Seite.
Welches Recht ist anzuwenden?
Nach der ROMIII Verordnung unterliegt die Scheidung
- dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt aben, oder anderenfalls
- dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern dieser nicht vor mehr als einem Jahr vor Anrufung des Gerichts endete und einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder anderenfalls
- dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts besitzen, oder anderenfalls
- dem Recht des Staates des angerufenen Gericht
Beispiel: Ein deutsches Ehepaar lebte in Polen. Bei der Trennung vor sechs Monaten, zog die Ehefrau nach Frankreich. Es gilt polnisches Recht. Läge der Umzug 13 Monate zurück, wäre deutsches Recht anzuwenden.
Die Eheleute können allerdings auch gemeinsam und in Schriftform folgende andere Rechtsordnungen wählen:
- das Recht des Staates, in dem sie beide leben oder lebten, sofern einer dort weiterhin lebt oder
- das Recht des jeweiligen Heimatstaates oder
- das Recht des Staates, in dem sich das angerufene Gericht befindet.
Zwischen den Rechtsordnungen bestehen bedeutsame Unterschiede. Beispielsweise müssen die Eheleute vor dem Scheidungsantrag nach deutschem Recht mindestens ein Jahr in Trennung gelebt haben. Dafür gilt in Polen das Verschuldensprinzip, das es in Deutschland nicht gibt. Unterschiede bestehen auch in Bezug auf den Versorgungsausgleich und das Unterhaltsrecht. So sieht das deutsche Recht einen relativ hoch angesetzten Mindestbetrag (sog. Selbstbehalt) vor, der dem Unterhaltsverpflichteten als Mindestbetrag zum Leben verbleiben muss. Welche Rechtsordnung man wählt, muss gut überlegt sein. Der Weg zum Anwalt ist in jedem Fall anzuraten. Ich berate Sie gern und prüfe, welches Recht in Ihrem individuellen Fall das vorteilhaftere ist.
Scheidung automatisch im Ausland anerkannt?
Nach den allgemeinen Grundsätzen des Staats- und Völkerrechts entfalten Hoheitsakte, zu denen auch die Scheidung gehört, unmittelbare Rechtswirkungen grundsätzlich nur im Gebiet des Staates, in dem sie erlassen worden sind. Jedem Staat steht es frei, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen er die im Ausland ausgesprochene Scheidung anerkennt, soweit er nicht durch Staatsverträge gebunden ist. Eine in Deutschland gelöste Ehe gilt im Ausland zunächst weiterhin als bestehend,dh. die Ehegatten werden – bis zur Anerkennung der deutschen Scheidung – in den Personenstandsbüchern ihrer Heimatländer weiterhin als verheiratet geführt. Eine erneute Heirat in der Heimat wäre daher wegen dem Verbot der Doppelehe nicht möglich.
Innerhalb der EU gilt die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 („Brüssel IIa-VO“)
Danach werden Entscheidungen in Ehesachen (z.B. Scheidung), die in einem der EU-Staaten (außer Dänemark), also z.B in Polen in den anderen Mitgliedstaaten regelmäßig anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen förmlichen Anerkennungsverfahrens bedarf. Als Nachweis dient die EU-einheitliche Bescheinigung gemäß Art. 33 der EU-VO 1347/2000 (Scheidung nach dem 01.03.2001) bzw. gemäß Art. 39 der EU-VO 2201/2003 (Scheidung nach dem 01.03.2005), die vom jeweiligen Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, ausgestellt wird und nicht übersetzt werden muss.
Unabhängig davon, ob wir Sie im Scheidungsverfahren vertreten haben oder nicht, können Sie uns mit der Beantragung der EU-Bescheinigung jeder Zeit beauftragen.
Was kostet mich die Scheidung ?
Zu den häufigsten Fragen der Mandanten gehört selbstverständlich die Frage: „Was kostet mich die Scheidung ?“. Von den meisten Rechtsanwälten werden Sie erfahren, dass sich die Kosten nach dem Streitwert richten oder am Rechtanwaltsvergütungsgesetz (RVG) orientieren. Nach dieser Antwort sind Sie genau so schlau wie vorher – wissen es also immer noch nichts. Die unklare Antwort des Rechtsanwalts hängt im Wesentlichen damit zusammen, dass die Kostenrechnung eine Kunst für sich ist und zumeist einer längeren Erklärung bedarf.
Zunächst müssen Sie zwischen den Anwalts- und den Gerichtskosten unterscheiden. In der Regel zahlt jeder Ehegatte seinen Anwalt selbst und die Hälfte der Gerichtskosten. Im Scheidungsbeschluss heißt es dann: „Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben“.
Die Anwaltsgebühren im Scheidungsverfahren orientieren sich nach dem sogenannten Streitwert bzw. Verfahrenswert. Dieser ist ein Betrag, aufgrund dessen in einer Tabelle des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) die Anwaltsgebühren ermittelt werden können.
Bei der Ermittlung des Verfahrenswerts für die Scheidung ist zuerst auf die Nettoeinkünfte der Ehegatten abzustellen. Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen beider Ehegatten wird mit 3 multipliziert. Der sich hier ergebende Wert ist der Anknüpfungspunkt für die Anwalts- und Gerichtskosten. Der Mindeststreitwert liegt bei 3.000 EUR. Nachfolgend finden Sie eine vereinfachte Übersicht für eine einvernehmliche Scheidung.
Was ist der Versorgungsausgleich?
Im Unterschied zu vielen europäischen Ländern, darunter auch Polen, wird in Deutschland im Rahmen der Scheidung ein sog. Versorgungsausgleich durchgeführt. Dieser ist bis auf wenige Ausnahmen zwingend mit der Scheidung durchzuführen. Man spricht daher auch vom Zwangsverbund.
Durch den Versorgungsausgleich werden die während der Ehe erworbenen Ansprüche auf eine Altersversorgung unter den Ehegatten ausgeglichen. Eine besondere Rollte spielt das in den Ehen, wo einer der Eheleute die Kinderbetreuung übernimmt und aufgrund der damit verbundenen Arbeitslosigkeit keine Anwartschaften erwirbt. Diese Ungleichbehandlung wird durch den Versorgungsausgleich wieder bereinigt.
Die Durchführung des Versorgungsausgleichs bekommen die Scheidungswilligen kaum mit.
Mit Einleitung des Scheidungsverfahrens erhalten Sie über ihren Rechtsanwalt einen Fragebogen, den Sie innerhalb einer 4 Wochen-Frist ausfüllen müssen. Das Gericht leitet die ausgefüllten Fragebögen dann an die Rentenversicherungsträger weiter, die anhand einer komplizierten Punktebewertung die bisher erworbenen Rentenanwartschaften des Ehemannes und der Ehefrau ausrechnen. Diese Bewertung führt in aller Regel zu einer nicht unerheblichen Verzögerung der Scheidung. Besonders gilt es dann, wenn die Eheleute grenzüberschreitend tätig waren.
Um sich die monatelange Verzögerung zu ersparen, wünschen viele Eheleute einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs. Dies ist zwar in manchen Fällen möglich, es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Ausschluss mit finanziellen Nachteilen verbunden sein kann, nämlich für den Ehegatten, der weniger Rentenanwartschaften während der Ehezeit erworben hat.
Bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren findet der Versorgungsausgleich nur statt, wenn ein Ehegatte dies beantragt, § 3 Abs.3 VersAusglG.
Für Eheleute mit einer Ehezeit über drei Jahren ist ein Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleich nur möglich durch:
a) Notarieller Vertrag – Die Eheleute haben, auch nach der Heirat, die Möglichkeit, einen notariellen Vertrag aufsetzen und darin auf den Versorgungsausgleich zu verzichten. Dieser Verzicht ist aber nur wirksam, wenn zwischen seinem Abschluss und dem Tag des Scheidungsantrags mindestens ein Jahr liegt. Wird die Scheidung früher eingereicht, so ist auch der notarielle Verzicht unwirksam .
Es macht daher wenig Sinn, einen notariellen Verzicht auf den Versorgungsausgleich erst kurz vor dem Scheidungsantrag oder gar erst während des Scheidungsverfahrens zu vereinbaren.
b) Genehmigung durch das Familiengericht: – Hat man einen Notarvertrag nicht abgeschlossen, so kann das Familiengericht in Ausnahmefällen einen Verzicht der Eheleute genehmigen. Die Entscheidung diesbezüglich steht im freien Ermessen des Richters. Das Ermessen fällt zu Gunsten einer Genehmigung aus,
– wenn abzusehen ist, das ohnehin allenfalls ein geringer Versorgungsausgleich vorzunehmen wäre (Bagatellfälle);
– Wenn der Versorgungsausgleich zu einem ungerechten Ergebnis führen würde (Unbillige Härte).